Sonntag, 5. Juni 2011

Eine äußerst interessante und lehrreiche Erfahrung

Nigel

Sundari


Ich war letzte Woch in Bukarest bei meinen Verwandten. Ich habe eine Tante dort, die zwei Hunde besitzt - einen kleinen Havaneser, der ca 2 Jahre alt ist (ich weiß es nicht mehr genau) und eine 10 Monate alte, mittelgroße Mischlingshündin - eine echte Schönheit, die aussieht wie eine Mischung zwischen Border Collie und Deutschen Schäferhund, aber ihre Schulterhöhe ist ca 40 cm.

Ich muß dazu sagen, dass meine Tante sich den Havaneser bewusst geholt hat, nachdem ihr vorheriger Hund gestorben war, und ihr die Anwesenheit eines Hundes im Haus fehlte. Die Mischligshündin war ein Zufall - ihre Tochter hatte sie als neugeborenen Wepen in der Mülltonne gefunden (Hausmüll beim Wohnblock).
Sie haben die Kleine mit dem Fläschchen aufgezogen und sie ist ein wunderschöner, unglaublich anhänglicher und, wie ich glaube, sehr intellingenter (bzw. gelehriger) Hund geworden.

Doch leider fehlt es beiden Hunden absolut an Erziehung.
Meiner Meinung nach haben meine Verwandten leider nicht allzu viel Ahnung von Hundeerziehung, lieben die beiden aber abgöttisch und lassen ihnen daher so einiges durchgehen - was sie teilweise unglaublich anstrengend macht.

Daher habe ich versucht, während meines Aufenthaltes dort (der de facto bloß ca 4 Tage dauerte) ihnen was über Clickertraining zu vermitteln.

Nun bin ich selber werder Hundetrainerin noch außerordentlich erfahren. Doch kann ich guten Gewissens behaupten, dass mich Hundeerziehung bzw. Hundetraining unglaublich interessiert, ich einige Bücher dazu verschlungen habe, 2 Bücher davon von der Clickertraining-Erfinderin Karen Pryor.
Ich bin absolut überzeugt von der unglaublich positiven Wirkung von Clickertraining und habe selbst schon sehr positive Erfahrungen bei der Erziehung meines Hundes Rayo damit gemacht.

Nun aber zu den zwei verzogenen kleinen Biestern (Scherz!) - zu den zwei überaus süßen kleinen Hunden, die leider absolut nichts konnten und viel zu wenig kennen lernen durften, aber so ist es nun mal...

Ich habe gleich am ersten Tag, nachdem ich angekommen bin angefangen mit ihnen zu Clickern. Es dauerte ungefähr vier Clicks - bis sie verstanden, worum es ging. Dannach waren sie nur hinter mir her und drehten sofort ihr Köpfchen und sahen mich an, wenn es klickte.

Die ersten Übungen waren, schau mich an (aber noch ohne Kommando) und bei der Hündin, die schon Sitz konnte "sitz" auf Kommando. Mehr um das Prozedere zu festigen, als ihr was neues beizubringen.
In den nächsten 1 bis 2 Übungseinheiten, habe ich es geschafft der Hündin, die sich laut Aussage meiner Tante, nie auf Kommando oder sonstigen Überredungskünsten hinlegen wollte, "Platz" beizubringen. Meine Tante war außer sich vor Überraschung und Freude, als ich es ihr vorführte.

Die noch größere Überraschung jedoch war, als ich dem Havaneser, Nigel, "sitz" beibrachte. Sie konnte es nicht fassen.

Ich muss dazu sagen, dass Nigel der dominanteste Hund war, den ich je kennen gelernt habe. Mir ist absolut bewusst, wie problematisch dieser Begriff ist, wieviel Unsinn in diesem Zusammenhang verbreitet wurde, und habe durch einige Bücher viel dazu gelernt was "Dominanz" überhaupt bedeutet.

Um es klarer auszudrücken: Nigel wollte sich immer durchsetzen. Er sprang immer selbstsicher auf des Meschen Schoß, wollte man ihn jedoch herunterschubsen oder ihn sanft zur Seite geben, fing er sofort an zu knurren (teilweise sogar mit beginnenden Zähnefletzschen).
Er konnte es nicht ausstehen wenn man ihn hochhebte (eine Tatsache, die seine Frauchen und Herrchen nicht wahrhaben wollen und durch gutem Zurreden und Küsschen mildern wollen - PAH!)
Oft lief er einem entgegen, stellte sich auf seine Hinterbeine, die Vorderpfoten gegen einen gestemmt und starrte einem mit einem trotzigen, fixierenden Blick an. Mehr als einmal gab er mir unmissverständlich zu verstehen, dass er das jetzt kontrollieren wird, ob ich in dieses Zimmer wirklich hineingehe.
Der Hund war mir nicht ganz geheuer (die ersten zwei Tage sollte er mich noch das Fürchten lehren). Ich muss dazu sagen, dass ich fast nie vor Hunden Angst habe - früher sowieso nicht, da wusste ich nicht dass das überhaupt möglich ist; seit ich mehr weiß, bin ich vorsichtiger.

Doch mit den Tagen wurde es besser.
Sehr bald liebte er das Clickern und ohne dass wir daran arbeiteten, schien er mir auch weniger trotzig/ dominant.
Er war gleichzeitig auch sehr liebevoll und liebend. Jeden Morgen begrüßten mich die zwei Hunde indem sie auf mein Bett sprangen, auf mir rumtrampelten und mein ganzes Gesicht abschleckten. Was soll ich dazu sagen? Man hatte ihnen nie beigebracht, nicht aufs Bett zu hüpfen, also hab ich mich gar nicht erst zu wehren versucht, hätte aus meiner Sicht keinen Sinn gehabt und hätte sie nur durcheinander gebracht. Außerdem liebe ich Hunde. ;-)

Ich habe meiner Tante in Kurzfassung das Klickern beigebracht - es ist unglaublich wie schwierig es ist alles Wichtige in wenige Sätze zu packen.
Ich habe ihr gezeigt, wie es gemacht wird, hab ihr eineige der wichtigsten Prinzipien erklärt. Ich habe immer noch das Gefühl, dass ich viel zu wenig erklären konnte - aber naja - besser als nichts. Zum Schluss, an dem Nachmittag an dem ich wieder fliegen sollte - habe ich ihr 4 handgeschriebene Seiten mit den wichtigsten Dingen zusammengefasst.

Seitdem schreiben wir uns Mails.
Und nun das Erstaunliche:

Sie hat das Gefühl, seitdem sie klickert, hat sie das Wesen von Nigel besser verstanden. Sie fühlt sich mit ihm mehr verbunden, als je zuvor und dass er wirklich das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und nach Kommunikation hat!
Dieser Hund, der ständig knurrte und seinen Willen haben wollte?! Vielleicht hat er nur versucht zu zeigen, was er will und was nicht, wie jedes Individuum.

Jedenfalls bin ich sehr glücklich über die Dinge, die sie mir schreibt. Sie übt wirkich täglich und hat sogar dem Hund, dem "nichts beigebracht werden kann" (Worte meines Onkels), "platz" beigebracht.

Ich weiß das klingt für manche vielleicht lächerlich, jeder normale Mensch könne das seinem Hund beibringen. Doch hätten sie das Vorher und das Nachher gesehen, wären sie genau so erstaunt wie ich. Es geht gar nicht so sehr um das Erziehen der Hunde. Es geht darum, dass Mensch und Hund es vorher nicht geschafft haben aufeinander einzugehen und sich verständlich zu machen - und nun haben sie es geschafft dies zu bewerkstelligen.

Als kleinen Nebeneffekt haben sie aufgehört Menschen willkürlich auf der Straße anzubellen (was sie bisher beim Spaziergang oft machten, was meine Tante fast zur Verzweiflung brachte). Sie bellen aber immer noch andere Hunde und Katzen an.
Kann das wirklich nur von den paar Übungen kommen? - Unglaublich!

Der Hund ist sichtbar zufriedener und meiner Tante kann man die Begeisterung auch aus jeder Mail herauslesen.

Ich hoffe dass das anhält und bin sehr froh und auch ein bisschen stolz, dass ich helfen konnte.